Rede im Landtag zur NSA

Foto: Petra Tursky-Hartmann

Hessenschau

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren,

Die Thematik rund um das Verhalten der US Geheimdienste in Deutschland beschäftigt den Hessischen Landtag immer wieder und das ist auch gut so.

Zuletzt haben wir am 3. April aus Anlass der vielfältigen und berechtigten Bürgerproteste über die NSA und ihre Machenschaften hier in diesem Hause diskutiert.

Ich bin dieser Diskussion sehr dankbar.

Konnten wir doch von allen Fraktionen hören, dass keiner mit der Verhaltensweise der USA in dieser Frage einverstanden ist und fraktionsübergreifend festgestellt wurde
wie inakzeptabel dieses Verhalten der NSA gegenüber unseren Bürgerinnen und Bürgern ist.

„An Hessen führt kein Weg vorbei“ diesen Slogan haben die Amerikaner bei dem Aufbau eines europaweiten bzw. weltweiten Netzes wohl mehr als berücksichtigt.

Durch Edward Snowden wissen wir, dass das Technical Center auf dem Gelände der Storage Station in Kastel als DER „primäre Kommunikations Knotenpunkt“ der NSA in Europa gilt.

Aber natürlich zählt auch der Dagger-Komplex in Darmstadt dazu und in besondere Weise das amerikanische Generalkonsulat in Frankfurt Beide spielen eine herausragende unrühmliche Rolle.

Und nicht zuletzt der Intelligence Center der in der Clay-Kaserne in Erbenheim entsteht, sind ein Zeichen wie Amerika in Europa nachrichtentechnisch aufrüstet.

Die aktuelle Berichterstattung über die Recherchen von ndr; wdr und Süddeutsche die gestern abend bekannt wurden zeigen, dass Frankfurt mit den weltweit wohl größten und wichtigsten Netzknoten eine entscheidende Rolle spielt.
Es ist mehr als bedenklich, dass die NSA einen nicht kontrollierbaren Zugang zu den Internetverbindungen von über 50 Ländern die in Frankfurt zusammenlaufen, haben wollte.
Es ist dabei gut das die damalige Bundesregierung dies nicht erlaubt hat und wenigstens einen Kompromiss verhandelt hat bei dem die Daten von Bundesbürgern unberührt blieben und es ist gut dass die Zusammenarbeit 2007 beendet wurde.

Meine Damen und Herren,
Solche Entscheidungen sind eben keine Standartsituationen. Der Druck unserer Partner war wohl sehr hoch und trotzdem wurden zumindest die Interessen unser Bürgerinnen und Bürger unseres Landes verteidigt.
Ob die Kommunikationswege funktioniert haben und wer, wann wen informiert hat ist aber trotzdem sicher noch zu klären und wird sicher in den nächsten Wochen noch erheblichen Diskussionsstoff liefern.

Meine Damen und Herren,
Natürlich ist Aufklärung rund um die Aufklärer der Geheimdienste schwer.
Nachfragen zu den genannten Anlagen werden nicht beantwortet und bleiben unkommentiert. Maximal werden Zusagen gemacht, dass man sich bei vorgesetzter Stelle für die Bedenken einsetzt. Von Seiten der Bundesregierung werden erklärende Formulierungen gewählt die alles offen lassen.

Dass sich Herr Wintermeyer, nun bemüßigt sieht den Kollegen Altmeier in Berlin um Auskunft zu bitten, zeigt wie niedrig der Informationsstand der Landesregierung bei diesem Thema ist.
Immerhin bezieht er sich nicht auf die einzelnen Anlagen sondern fragt schon mal gleich die GESAMTSITUATION ab um auch nicht die zu vergessen, die bis jetzt nicht bekannt sind.
Wenn ein Brief mit einem Auskunftsersuchen alles ist was die Landesregierung dazu bisher unternommen hat und dies mit einer kleinen Pressenotiz versieht die suggerieren soll „Wir kümmern uns“ wird das dem Informationsbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land nicht gerecht.
Der Druck und damit die Kontrolle seitens der Politik muss hoch gehalten werden. Die Nachrichtendienste sind zum Schutz unseres Landes und ihrer Bürgerinnen und Bürger da und dürfen kein unkontrolliertes Eigenleben führen.

Meine Damen und Herren,
Die Vereinigten Staaten haben bei der Sammlung und Verwendung von Daten einen völlig anderen Blick auf Bürgerrechte als wir in Deutschland.
Nicht alles was an Sammlungen von Daten und deren Auswertrung möglich ist kann und darf auch umgesetzt werden.

Was wir gerade mit der NSA und Prism erleben, ist eine Realität gewordene Allmachtsfantasie. Die Präventionsidee ist übermächtig geworden. Es steckt der Gedanke dahinter „Wir verhindern die Taten, bevor sie mehr sind als Gedanken“.
Der Datenschutzbeauftrage Prof. Dr. Ronellenfitsch berichtete im Unterausschuss Datenschutz von einem Gespräch mit einem ehemaligen NSA Mitarbeiter: Zitat
„Die NSA hat Daten um des Sammelns willen gesammelt und praktisch jeden in der amerikanischen und in der weltweiten Bevölkerung ins Visier genommen, ist aber in den Erkenntnissen ertrunken. Es war eine grenzenlose und NUTZLOSE Datensammlung.“

Ein leichter Anflug von Erkenntnis und zeigt den USA müssen Grenzen gesetzt werden. Nur durch die Enthüllungen Edward Snowdens wurden die umfangreichen Spähprogramme der amerikanischen NSA und des britischen GCHQ bekannt.

Die aktuelle Berichterstattung zeigt dass viele Fragen sind immer noch offen sind :

Wie viel und nach welchen Mustern überwachen Geheimdienste deutsche Bürgerinnen und Bürger?
Wer hat davon gewusst?
Waren deutsche Geheimdienste involviert?
Wie wurden die parlametarischen Kontrollgremien Informiert?

Ich bin gespannt was die Arbeit des Untersuchungsausschusses auf Bundesebene noch zu Tage fördert.

Wenn staatliche Nachrichtendienste, ohne dass man darüber informiert wird bzw. die Kontrolle darüber behalten kann, millionenfach Daten abschöpfen ist dies auf jeden Fall auch hier keine Standartsituation. Mag sein das es in der Denkart der Amerikaner sicher auch um Aufklärung geht.

Aber: In erster Linie steht nun das „Recht auf Privatheit“ zur Disposition.

Nur ein Obrigkeitsstaat misstraut seinen Bürgerinnen und Bürgern, für ihn ist Kontrolle das einzige Mittel die Angst vor Freiheit zu befriedigen. Alle Menschen werden zu potentiellen Feinden und damit wird jegliches staatliches Handeln gerechtfertigt
Der Kern eines Rechtsstaates muss aber die Unschuldsvermutung sein. Was wir im Sommer 2013 öffentlich wurde und nach und nach immer mehr herauskommt, ist die Umkehrung der Unschuldsvermutung zu einem Generalverdacht.

Das bedroht die Demokratie.

Wenn alles ausgespäht wird, geht es nicht mehr um Sicherheit, sondern um Gesinnung. So gehen Freunde nicht miteinander um. Auch hier muss die Basis einer jeglichen Freundschaft Vertrauen sein.

Wir sind unseren Partnern in den USA für die Leistungen für unser Land dankbar und gerade deshalb müssen wir aber auch klarstellen: Für uns, meine Damen und Herren, ist eine Gesellschaft mit dem hohen Schutz der Bürgerrechte ein unverhandelbares Gut!

Deshalb ist es auch richtig, dass die Sozialdemokraten im Europaparlament weiterhin ein Datenschutzabkommen mit den USA fordern. Hier dürfen wir nicht nachgeben!
Denn Bürgerrechte, meine Damen und Herren, sind Grundrecht.

Der Antrag der Linken geht an dieser Stelle aber zu weit. Wir haben rund um das Thema „Vorratsdatenspeicherung“ uns hier im Plenum ausgetauscht und die Position der SPD bleibt auch hier klar – wir wollen eine grundrechtskonforme Ausgestaltung der Speicherung.

Der Europäische Gerichtshof hat ja aktuell sich zu der Vorratsdatenspeicherung geäußert. Ich rate dazu abzuwarten bis die EU Richtlinie umgesetzt ist und wir entsprechende Vorgaben in Verbindung mit dem Verfassungsgerichtsurteil vorliegen haben.
Wir sind nach wie vor der Meinung es ist im Sinne des Schutzes der Bürgerinnen und Bürger, wenn wir einen Zugriff auf die Daten nur im Fall schwerster Kriminalität erlauben, einen Richtervorbehalt einziehen sowie für eine Überprüfbarkeit und auch für eine Mitteilung an die Betroffenen sorgen, statt nichts zu regeln und die Daten einfach bei den privaten Anbietern zu lassen.